Vorteile für Selbstzahler in der Psychotherapie
Früher wurde der Begriff „Psychotherapie“ sehr negativ assoziiert. Dieses Bild hat sich glücklicherweise geändert, weil der Mensch immer mehr begreift, dass er nicht nur aus einem physischen Körper besteht. Gedanken und daraus resultierende Gefühle können das Leben leicht und erfolgreich machen oder für Probleme sorgen, die sich zu Krankheiten entwickeln können. Der Leistungsdruck unserer Gesellschaft sorgt dafür, dass immer weniger Zeit für die seelische Regeneration zur Verfügung steht. Auch zwischenmenschliche Beziehungen nehmen immer distanziertere Formen an, sodass Austausch, Trost und Halt immer weniger zum Alltag gehören.
Hier fängt die Psychotherapie den Menschen auf und schenkt ihm den Raum, um einengende Überzeugungen aufzudecken und zu heilen. Das kann im Rahmen einer ambulanten oder stationären Therapie geschehen, die von der Krankenkasse genehmigt wird. Oder Sie zahlen die Behandlung selbst, was Vorteile mit sich bringt. Ihre Behandlung bleibt anonym und kann von niemandem eingesehen werden. Sie müssen nicht auf die Zusage der Krankenkasse warten und wählen selbst den passenden Therapeuten.
Welche Vorteile bringt es, eine psychotherapeutische Behandlung selbst zu bezahlen?
1. Behandlung ohne aktenkundigen Eintrag
Psychotherapie wird immer noch mit einem Psychiater und einer Couch in Verbindung gebracht. Dabei gibt es verschiedene Arten der Behandlung, die die Psyche berühren und diese heilen.
Dazu gehören beispielsweise:
- Verhaltenstherapie
- Gestalttherapie
- Musik- und Kunsttherapie
- klassische Psychoanalyse
- Paartherapie
- systemische Psychotherapie
Sofern Sie das Gefühl haben, in Ihrem Leben auf der Stelle zu treten oder Ängste entwickeln, die Ihren Alltag behindern, sollten Sie auf professionelle Hilfe vertrauen. Nicht jeder hat ein gutes Gefühl bei diesem Gedanken, denn was denken Freunde und die Familie. Man ist schließlich nicht verrückt.
Der Einwand ist berechtigt, denn eine Psychotherapie, die bei der Krankenkasse beantragt wird, wird aktenkundig. Das bedeutet, dass Sie in Ihrer Krankenakte die Diagnose einer psychischen Störung finden werden.
Doch was wird unter einer psychischen Störung verstanden? Dass Sie Verhaltens- und Anpassungsschwierigkeiten haben? Dass Sie die Dinge nicht verstehen und „dumm“ sind? Geht es um eine Alkoholkrankheit oder sind Sie selbstmordgefährdet? All das kann sich im medizinischen Sinn hinter dem Begriff einer psychischen Erkrankung verbergen. Wenn jedoch ein Nichtmediziner Ihre Krankenakte in die Hände bekommt, wissen Sie nicht, wie dieser Ihre Diagnose versteht und interpretiert. Mit dem Ergebnis, dass Ihnen unter Umständen Steine in den Weg gelegt werden.
Wer bekommt Einsicht in die Akte?
Folgende Situationen können eine Offenlegung erfordern:
- Wechsel der Krankenversicherung
- Abschluss einer Lebens- oder Berufsunfähigkeitsversicherung – Verbeamtung
In diesen Fällen kann sich eine psychotherapeutische Behandlung zu Ihrem Nachteil auswirken, wenn diese über die Krankenkasse abgerechnet wurde. Beim Abschluss von Versicherungen müssen Sie mit höheren Prämien und Risikozuschlägen rechnen. Eine Verbeamtung kann sogar abgelehnt werden, wenn sich in Ihren Unterlagen der Vermerk einer Behandlung durch einen Psychologen findet. Obwohl Sie für Ihre Gesundheit sorgen und sich mit Ihren Gedanken und Gefühlen auseinandersetzen, werden Sie vom Gesetzgeber nach der Behandlung nicht als gesund eingestuft. Ihr Bemühen, das Leben in den Griff zu bekommen, blockierende Verhaltensmuster zu erkennen und sich von konditionierten Ängsten zu befreien, wird nicht honoriert. Stattdessen haftet Ihnen der Gang zum Therapeuten Ihr restliches Leben als Makel an.
Diesen Sanktionen können Sie als Selbstzahler aus dem Weg gehen, indem Sie sich direkt mit dem Psychotherapeuten in Verbindung setzen und die Behandlung aus der eigenen Tasche bezahlen. Der Versicherungsträger erhält keinerlei Informationen bezüglich Diagnose, Therapiedauer und Behandlung. Dadurch können Sie sicher sein, dass nur Ihr Therapeut von den Sitzungen Kenntnis hat, und dieser ist an seine Schweigepflicht gebunden. Natürlich müssen Sie als Selbstzahler tief in die Tasche greifen. Doch diese Investition lohnt sich im Vergleich zu den Einschränkungen, die Ihnen durch Versicherungen oder den Arbeitgeber auferlegt werden können.
2. Behandlung ohne Bürokratie
Als Selbstzahler greifen Sie zum Hörer, rufen einen Therapeuten Ihrer Wahl und in Ihrer Nähe an und verabreden einen Ersttermin. Dann entscheidet nur noch die Auslastung des Therapeuten über den Beginn Ihrer Therapie. Beantragen Sie eine psychotherapeutische Behandlung dagegen bei der Krankenkasse, setzt sich ein bürokratisches Prozedere in Gang.
In den meisten Fällen wird Ihnen ein Psychologe zugewiesen. Nach einem Erstgespräch müssen Sie jedoch einen Antrag bei der Krankenkasse stellen und einen ärztlichen Nachweis erbringen, dass eine Therapie notwendig ist. Dafür braucht es Termine und im Anschluss prüft die Krankenkasse Ihren Antrag. Wird dieser genehmigt, kann es Wochen oder sogar Monate dauern, bis der Ihnen zugeteilte Psychologe einen freien Platz hat.
Die Wartezeit entsteht, weil psychotherapeutische Behandlungen langfristigen Charakter haben. Mit einem Termin pro Woche braucht es in vielen Fällen Monate, um einen Behandlungserfolg zu realisieren. Daher sind die Kapazitäten von Psychotherapeuten ausgelastet und Sie müssen lange auf einen ersten Termin warten.
Das mag bei einfachen Problemen annehmbar sein. Sehen Sie sich jedoch mit akuten Angstzuständen oder Depressionen konfrontiert, können Sie nicht wochenlang auf einen Termin warten. Dann ist sofortige Hilfe nötig, damit Sie zumindest Ihren Alltag bewältigen können, ehe an tiefgreifenden Veränderungen gearbeitet werden kann.
Dieses Problem umgehen Sie als Selbstzahler. Hier braucht es keine Zustimmung der Krankenkasse oder eine ärztliche Diagnose. Sie sind auch nicht in der Abhängigkeit, eine monatliche Stundenzahl nicht überschreiten zu dürfen. Wenn es Ihr Psychologe zu Beginn für sinnvoll erachtet, Sie mehrmals die Woche zu sich zu bestellen, dann können Sie das als Selbstzahler in Anspruch nehmen. Oder Ihrerseits diesen Vorschlag aussprechen. Krankenkassen genehmigen in den meisten Fällen nur eine Stunde pro Woche. Ein mehrfacher Besuch der Praxis wird nur in akuten Ausnahmesituationen bezahlt.
3. Frei von Sperrfristen
Brechen Sie eine von der Krankenkasse finanzierte psychotherapeutische Behandlung ab oder ist diese ausgelaufen, greift die sogenannte Sperrfrist. In diesem Zeitraum, der mit 2 Jahren festgesetzt wird, dürfen Sie keine weitere Therapie beantragen. Wenn wir davon ausgehen, dass die Krankenkasse für eine Kurzzeit-Verhaltenstherapie bei Erwachsenen ein Stundenkontingent von 12 plus 12 Stunden bewilligt, die in zwei Schritten abgegolten werden, wissen Sie, wie weit Sie mit der Bearbeitung emotionaler Probleme kommen.
In Psychotherapien werden beispielsweise auch Verluste von Angehörigen aufgearbeitet. Zweimal 12 Stunden sind dafür nicht ausreichend. Bei Langzeittherapien werden 60 Stunden von der Krankenkasse bewilligt, sodass Sie pro Woche auf eine höhere Therapiestundenzahl kommen. Wenn es sich jedoch um frühkindliche Traumata handelt, die sich bis in die derzeitige Lebenssituation auswirken, ist auch diese Stundenanzahl in den meisten Fällen nicht ausreichend.
Hinzu kommt, dass Sie den von der Krankenkasse vorgegebenen Rhythmus nicht unterbrechen dürfen. Wollen Sie zwischenzeitlich mit der Therapie pausieren, um sich Stunden aufzuheben, wird das nicht möglich sein. Als Selbstzahler haben Sie dagegen die Möglichkeit, den Behandlungsrhythmus mit Ihrem Arzt selbstständig festzulegen. Sie können die Intervalle spontan verkürzen, weil es Ihnen gut geht. Oder auch verkürzen, wenn die Psyche bestimmte Geschehnisse freigibt und diese Phase eine engmaschigere Betreuung braucht.
Sie sind keinem vorgegebenen Zeitmuster unterworfen und können Ihre Behandlungszeiten festlegen, wenn Sie diese brauchen. Auch die klassischen 50 Minuten pro Sitzung lassen sich individuell variieren. Es ist es nur von der Kapazität des Psychologen abhängig, wie flexibel Sie die Termine legen können. Diese Freiheit haben Sie bei einer von der Krankenkasse finanzierten Behandlung nicht. Sie können die Therapie auch jederzeit beenden, ohne mit einer Sperrfrist belegt zu werden.
Halten Sie erneute Konsultationen für nötig, wenden Sie sich wieder an Ihren Therapeuten und setzen die Therapie fort.
4. Sie wählen die Behandlungsform
Die Gelder der Krankenkassen sind knapp bemessen, deshalb wird auch im Behandlungsrahmen gespart. Wenn Sie die Kostenübernahme für eine psychologische Psychotherapie bei der Krankenkasse beantragen, kann es Ihnen passieren, dass Ihnen eine Verhaltenstherapie genehmigt wird. Das heißt, die Krankenkasse bewilligt die günstigste Therapievariante. Ob Ihnen diese gefällt, steht dabei leider nicht zur Diskussion.
Ein Blick in unser Pflegeversicherungssystem zeigt, wie viele pflegebedürftige Menschen kämpfen müssen, um einen adäquaten Pflegegrad zuerkannt zu bekommen. Menschen mit dem Pflegegrad 1 bekommen überhaupt keine Zuschüsse oder Leistungen. Es wird lediglich ein monatliches Betreuungsgeld von 125 Euro gezahlt, obwohl auch dieser Pflegegrad schon enorme Beeinträchtigungen aufweisen kann. Beispielsweise im Sehbereich.
Ähnlich verhält es sich bei der Bewilligung für eine Psychotherapie. Die Auflagen dafür
unterscheiden sich von Krankenkasse zu Krankenkasse. Selbst eine ärztliche Bescheinigung kann nicht immer dafür sorgen, dass die gewünschte Therapieform bewilligt wird. Wenn Sie sich krank und der Welt nicht mehr gewachsen fühlen, der Gutachter Ihre Situation aber völlig anders beurteilt, wird es keine Bewilligung geben.
Auch in diesem Fall sind Sie als Selbstzahler besser dran. Sie können sich intuitiv oder nach ärztlicher Beratung für eine Therapieform entscheiden und entsprechende Therapeuten kontaktieren. Niemand kann Ihnen vorschreiben, ob Sie Ihre Probleme durch eine Gestalt- oder Verhaltenstherapie lösen sollen. Bei einer Bewilligung durch die Krankenkasse können Sie keine Wünsche äußern und werden auch nicht über die einzelnen Therapieformen informiert. Hier bestimmt ein Gutachter, welches Verfahren seiner Meinung nach zu Ihnen passt und vielfach wird nach finanziellen Aspekten entschieden.
Einige Therapieformen stehen seitens der Krankenkasse auch gar nicht zur Auswahl. Interessieren Sie sich beispielsweise für eine Körpertherapie nach Hakomi und haben Sie eine Praxis gefunden, die diese Therapie anbietet, wird diese nicht von den Krankenkassen übernommen. In diesem Fall müssen Sie selbst zahlen. Dafür bekommen Sie aber genau das, was Sie sich wünschen und was intuitiv wahrscheinlich das Beste für Sie ist.
5. Steuerlich absetzbar
Ein weiterer Pluspunkt – die Kosten der Therapie mindern sich für Sie als Selbstzahler, weil Sie diese von der Steuer absetzen können. Laut § 33 EStG ist eine Psychotherapie, die nicht von der Krankenkasse übernommen wurde, als außergewöhnliche Belastung absetzbar. Beachten Sie in diesem Zusammenhang, dass vor der Behandlung ein Amtsarzt oder MDK ein Gutachten erstellen muss, das die Behandlung rechtfertigt. Sammeln Sie auch alle Rechnungen, um diese dem Finanzamt vorlegen zu können.
Fazit
Auch wenn Sie die Kosten für eine psychotherapeutische Behandlung selbst übernehmen, in bestimmten Situationen überwiegen die Vorteile. Selbstständige Entscheidungen sind im Rahmen einer Kassenbehandlung nur eingeschränkt möglich. Hier gibt es Vorgaben, an die Sie gebunden sind. Zahlen Sie selbst, legen Sie zusammen mit Ihrem Therapeuten fest, wie die Therapie gestaltet wird.
Das ist besonders wichtig, wenn Sie feststellen, dass Ihr Problem nach wenigen Stunden gelöst wurde und Sie sich wieder sicher im Umgang mit sich selbst fühlen. Sind die von der Krankenkasse bewilligten Stunden noch nicht verbraucht, müssen Sie die Therapie trotzdem fortsetzen, weil Ihnen sonst eine Sperrzeit droht.
Hier wird etwas in einen Rahmen gepresst, was sich rational nicht festlegen lässt. Manchmal reicht ein Gespräch, um einen erhellenden Moment zu erhalten. Dieser kann ausreichen, um frühkindliche Muster aufzudecken und die Zusammenhänge zu den aktuellen Problemen herzustellen. Eine Psychotherapie ist als Hilfestellung zu verstehen, um die Strukturen zu erkennen, in denen man aufgewachsen ist und die unter Umständen ein Weiterkommen verhindern. Hier ist es schwierig, mit vorgefassten Stundensätzen zu arbeiten, da sich die Situation nicht immer an den Bedürfnissen des Betroffenen orientiert. Als Selbstzahler sind Sie frei und selbstbestimmt, um Ihre Gesundheit und Heilung in die eigenen Hände zu nehmen.